Aufruf zum feministischen Streik am Internationalen Frauen*kampftag an alle freien Theaterarbeiterinnen*!

 

Nicht am Antrag arbeiten. Keine Emails abarbeiten oder beantworten.

Nicht zur Probe gehen. Keinen Kaffee kochen. Nicht die Anlage und den Beamer hochfahren. Nicht nochmal von vorne beginnen. Nicht den letzten Teil nochmal wiederholen mit den neuen Absprachen. Nicht die nächste Woche planen. Sich nichts Neues ausdenken.

Keine Arbeitstreffen. Keine Gespräche. Nichts mit Projekten.

Nicht fragen: wie ist es für dich? Nicht erklären: aus unserer Perspektive wäre aber wichtig. Nicht sagen: okay geht schon irgendwie.

Nichts vermitteln. Nicht strategisch denken. Nicht abwägen. Nicht lächeln.

Am 8. März streiken auch wir Theaterarbeiterinnen*!

Wir sind Allrounderinnen*, Assistentinnen*, Autorinnen*, Bühnen- und Kostümbildnerinnen*, Dramaturginnen*, Lichtdesignerinnen*, Musikerinnen*, Performerinnen*, Produktionsleiterinnen*, Regisseurinnen*, Technikerinnen*, Schauspielerinnen*, Video- und Sounddesignerinnen* und viele mehr.

Wir arbeiten zumeist frei, in kontinuierlichen und temporären Zusammenhängen, oft kollektiv an Institutionen, die hierarchisch organisiert sind. Wir machen Performance, Theater, Tanz und alles was an den Rändern und zwischen diesen Genres liegt. Dabei haben wir keine geregelten Arbeitszeiten, keine Absicherung im Alter, keinen Urlaubsanspruch, kein Arbeitshandy, keinen IT-Support.

Zusätzlich zu unserer Lohnarbeit leisten wir unzählige Stunden an Care-Arbeit. Wir kümmern uns um Kinder, um Eltern, um unsere Freund*innen, natürlich um unsere Kolleg*innen und um die gute Stimmung. Wir bringen die Kinder ins Bett und gehen danach wieder auf die Probe oder an den Computer. Wir gehen um kurz vor Mitternacht noch schnell einkaufen. Selbstsorge? Keine Zeit.

Die restliche Zeit, die wir nicht haben, stecken wir in unbezahlte kulturpolitische Arbeit. Wir sind präsent, wir tauschen uns aus, wir nehmen teil. Unbezahlt und in unserer Freizeit, als ob wir keine anderen Hobbies hätten.

Wir arbeiten prekär und verdienen, wenn überhaupt, gerade genug um davon gerade so zu leben. Wir können nichts sparen. Wir können uns nicht absichern. Wir verdienen im Schnitt 40 % weniger als unsere männlichen Kollegen (siehe KSK in Zahlen Durchschnittseinkommen Darstellende Kunst) und müssen uns dann noch von ihnen anhören, wie unsere Arbeit eigentlich zu machen ist.

Unser Betrieb schreibt uns jeden Tag Rollen zu – die zu durchbrechen und umzudeuten ist harte Arbeit, und zwar bevor es überhaupt auf die Bühne geht.

Unsere Arbeit überhaupt machen zu können, ist ein Privileg, denn unser Betrieb ist sexistisch und rassistisch. Unser Arbeitskontext zeichnet sich aus durch ungerechte Verteilungen und versperrte Zugänge, und zwar nicht nur zwischen Männern und Frauen und allen ungenannten Geschlechtern. Wir machen trotzdem nicht nur weiter, sondern versuchen auch das zu ändern.

Und wieder sagen wir: Ihr nennt es Liebe, wir nennen es (unbezahlte) Arbeit.

Diese Arbeit legen wir am 8. März nieder und spielen eine andere Rolle. Wir schließen Probebühnen, Werkstätten und Büros und klappen die Laptops zu. Wir hängen als Zeichen unserer Solidarität Schürzen und Geschirrhandtücher aus dem Fenstern und vernetzen uns mit unseren feministischen Freundinnen* und Kolleginnen*.

Wir weisen auf die zentralen Ausdrucksformen und Aktionsformen hin, auf die sich auf der letzten bundesweitern Streikversammlung geeinigt wurde:

  • Die Farbe Lila ist unsere Farbe.
  • Wir wollen dezentral und zentral um 5 vor 12 vor unsere Wohnungen, Häuser, Betriebe und Büros gehen und uns auf einen Stuhl setzen, um unseren Streik zu demonstrieren.
  • Wir wollen um 17 Uhr in ganz Deutschland als Teil eines globalen Aufschreis unsere Wut hinausschreien. Egal, ob zu Hause, auf einer der vielen Demonstrationen oder sonstwo.